Mercedes eVito – Sortimo Aktion

Unsere Nachbarn aus Zusmarshausen, die Firma Sortimo, hat eine Aktion mit dem Autohersteller Mercedes Benz gestartet, bei der wir mitgemacht haben. Wir durften für zwei Wochen einen eVito testen. Dieser Beitrag ist weder von Sortimo noch Mercedes-Benz freigegeben, bezahlt oder auf andere Weise unterstützt. Das Fahrzeug wurde ganz normal im Rahmen der Aktion von uns gebucht und bezahlt. Auch der später erwähnte Ladesäulenbetreiber wurde für seine Dienstleistung normal bezahlt. Wir finden Elektromobilität spitze und berichten hier teilweise kritisch über unsere Erfahrungen.

In diesem Beitrag sollen unsere Eindrücke zusammengefasst werden.

Der eVito

Das wichtigste zuerst

Der eVito ist die vollelektrische Version des Vito, eines kleinen Kastenwagens, perfekt für den Kundenbesuch zum Service, kältetechnischem Anschluss oder Installation einer Wärmepumpe.

Kein Benzin, kein Diesel. Geladen wird Strom.

Reichweite

Fast das wichtigste Thema für den potientiellen Käufer: die Reichweite.
Bei der Fahrzeugübergabe wurde uns gegenüber eine reale Reichweite von über 300km erwähnt. In der ersten Woche ist das Fahrzeug sehr viel auf der Autobahn bewegt worden. Unsere Strecken sind meist länger. 40 bis 100km sind keine Seltenheit. In der Stadt fahren wir selten (mal etwas einkaufen). Der Verbrauch hat in der ersten Woche zwischen 28 und 30kWh/100km betragen (meist 120km/h auf der Autobahn. Heizung auf 20°C bei einer Außentemperatur von ca. 10-15°C). Bei einer Batteriekapazität von ca. 60kWh ergibt sich rechnerisch eine Reichweite von 200km. Diese Reichweite konnten wir bei einer Ladung auf 100% und Entladung auf ca. 10% bestätigen. Wie gut ein solcher Betrieb für die Batterie ist, müsste ein Dauertest zeigen. Unser anderes Elektrofahrzeug wird meist auf 90% geladen und selten unter 10% entladen. Die Batterie ist nach mehr als 6 Jahren und 240000km immer noch sehr fit.

Laden

Elektrofahrzeuge werden geladen. Laden kann man Wechselstrom. An unserer Wallbox läd der eVito mit 10kW. Um von 0% auf 100% zu laden bräuchte man etwa 6 Stunden. An einem Gleichstromschnelllader (Aldi Schnelllader für aktuell 0,39€/kWh) läd der eVito mit etwa 80kW (SoC 18%: 78,9kW, SoC 28% 75kW, SoC 39% 80kW). Nach etwa einer Stunde hat man den Akku von 10% auf 100% geladen.


Geladen wird über den Ladeanschluss der sich vorne links im Stoßplastik verbirgt.

Fahren

Der eVito fährt sich gut. Reinsetzen, elektronischen Schlüssel reinstecken (Technik von gestern, aber was solls) manuelle Feststellbremse lösen (sogar der Dacia von unserem Mitarbeiter hat eine elektronische Parkbremse serienmässig), den Fahrstufenhebel nach unten bewegen und auf das Fahrpedal drücken. Vorher sollte man noch die Fahreinstellung auf “C” ändern so man nicht kriechen will. Sobald man losgefahren ist, kann man auch die Rekuperationseinstellungen auf “D-” ändern. Bis ca. 130km/h beschleunigt der eVito. Bei 120km/h fährt er sich super. Ein Tempomat hält die Geschwindigkeit, was auf der BAB sehr entspannend ist. Die Beschleunigungswerte sind OK. Ampelsprints gewinnt man damit nicht.

Informationszentrum

Das Fahrer-Informationszentrum besteht aus zwei Bereichen. Einmal ist es das Navi, welches sehr behäbigt wirkt. Ein Telefonanruf wird nach gefühlten 3 Sekunden auf dem Bildschrim angezeigt. Da hat man das Telefon schon drei mal verbotenerweise in der Hand um das Gespräch anzunehmen. Die Rückfahrkamera ist gut und wichtig. Ohne ist es sehr gefährlich rückwärts zu fahren.
Ein sehr schönes Leistungsmerkmal des Navis ist, die Möglichkeit zwei Geräte per Blauzahn anzuschliessen. Eines kann z.B. Podcasts abspielen das andere steht bereit um Gespräche zu führen. Prima Funktion, die permanent genutzt wurde.

Navi

Dann gibt es noch eine Instrumententafel.
Links ein Tacho mit einer analogen Batteriestandsanzeige,
rechts etwas was den Energiefluss darstellen soll (inkl. einer Anzeige für Power?) und in der Mitte ein überladenes Mäusekino.

Instrumententafel

Das Mäusekino verbirgt ein nostalgisches Feature. Es wurde mir warm ums Herz, denn es erinnerte mich an die Zeit wo ich noch jung war. So um 1980 herum muss es gewesen sein, als ich Tag und Nacht auf einer monochrom Spielekonsole ein Autorennen nach dem anderen zu gewinnen versuchte. Wo man diese Grafik auf den Stand von 2022 umschalten kann, konnte ich während der Testphase nicht herausfinden.

Nostalgische Gefühle beim Anblick der Grafik im Mäusekino
(schlechte Bildqualität bedingt durch schlechte Aufnahmetechnik)

Sortimo Ausstattung

Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht auch hier etwas zu meckern hätte. Der Boden ist nicht rutschfest genug. Jeder Werkzeugkasten rutscht fröhlich hin und her und mit feuchten Schuhen muss man sehr aufpassen.
Ansonsten super. Die verbaute Ausstattung ist stabil, grifffest, wirkt satt beim schliessen. Man hat ein gutes Gefühl, wenn man sein Werkzeug reinwirft.
Natürlich wurde hier ein Standardsystem verbaut. Das Sortimosystem ist sehr vielfältig und kann für jeden Zweck ausgerüstet werden.

Verbesserungsvorschläge

Ladeport

Wer den Ladeport vorne links an dem Stossplastik entworfen hat, hat sich bestimmt gute Gedanken gemacht. Leider kann ich es nicht nachvollziehen, warum man einen teuren Ladeanschluss an einer so exponierten Stelle montiert. Jeder Rempler hat jetzt höhere Kosten zu Folge. Auch könnte das Aufladen des Fahrzeugs problematisch sein, wenn man mal unachtsam irgendwo gegenfährt. Im Winter erwarte ich Herausforderungen diesen Ladeport zu öffnen, wenn Schnee(-matsch) sich dort angesammelt hat. Fazit: Aufgabe nicht gelöst. Setzten, 6.

Navigation

Wenn man eine andere führende Elektroautomarke im Fuhrpark hat, dann ist man es gewohnt, daß die Navigation:
– den Ladezustand kennt
– die Ladestationen auf dem Weg kennt
Beides ist bei unserem eVito nicht der Fall. Man fährt also los und muss wie bei einem Verbrenner den Ladezustand im Auge behalten, irgendwo im Smartphone die Ladestationen sich heraussuchen und den Weg, so er länger ist als der Akkureststand, entsprechend planen. Das ist für jemanden, der wenig fährt nicht so wichtig, zeugt aber davon, daß unser eVito noch Verbesserungspotential hat.
Staus scheint die Navigation auch nicht zu kennen. Zumindest hat die Navigation mich direkt in einen Stau auf der A8 geführt.
Sobald wir herausgefunden haben wie man die Frau, die einen mit Hinweisen zutextet abschaltet, werden wir es hier mitteilen. Das Navi macht bei Hinweisen einen angenehmen Ton (super). Damit ist man hingewiesen ein Auge auf das Display zu werfen. Warum die Frau dann noch rumquatscht und für jede Abbiegung 4 mal Texte von sich gibt, ist mir unverständlich. Podcasts, die man von Smartphone abspielt werden nicht pausiert sondern stumm geschaltet während die Dame spricht.

Rekuperations- und Leistungseinstellung

Hier kommen wir zu einem Punkt, der für mich nicht verständlich ist. Wozu brauche ich eine Einstellung der Maximalleistung (Stufe C, E und E+)? Wozu brauche ich eine Einstellung der Rekuperation (D-,D,D+)? Wenn ich sparsam fahren will, dann drücke ich das Fahrpedal entsprechend, wenn ich stärker oder schwächer Rekuperieren will, dann bewege ich das Fahrpedal entsprechend. Hält Mercedes mich und andere für unfähig das Fahrpedal zu bedienen und spendiert deshalb Lenkradschaltpaddles (welch Kosten!) und einen Knopf in der Mittelkonsole für die Leistungseinstellung? Oder was ist der Hintergrund dieser Idee? Natürlich behält sich das Auto nicht die Einstellung und fällt bei jedem Einschalten des Autos auf die Standardeinstellung zurück. Man wundert sich jedes Mal, warum die Kiste nicht vom Fleck kommt und so schwach verzögert, bis man sich an die Prozedur des Knöpfedrückens erinnert.

Für alle die noch kein Elektroauto gefahren sind: Elektroautos können mittels Elektromotor auch verzögern und dabei die Batterie laden. Man fährt meist nur mit dem Fahrpedal. Will man beschleunigen, drückt man es tiefer, will man gleiten findet man eine Position wo das Auto gleichmässig fährt, will man verzögern, drückt man das Fahrpedal entsprechend weniger. Nur zum Stehenbleiben oder noch stärkerem Verzögern, wird das Bremspedal gedrückt. Das spart Bremsbeläge und Strom. Mit dieser Fahrweise hat unser anderes Elektroauto schon über 240000 km auf die Straße gebracht und dabei sind noch die Original Bremsbeläge und Bremsscheiben verbaut. Statt Lenkradschaltpaddles und Knopf in der Mittelkonsole, hätte Mercedes das Geld sparen können oder dafür dem Auto z.B. LED Abblendlicht spendieren können.

Reichweite

Wenn wir z.B. 60km zum Kunden fahren müssen, dann dürfte ein voller Akku ausreichend sein um hin und wieder zurück zu kommen. Weitere Strecken sind mit dem eVito kaum ohne Nachladen möglich. Diese Strecken kommen bei uns regelmässig vor. Für unsere Zwecke ist die Batterie damit zu klein. 50% mehr Kapazität und der eVito wäre passend. Die maximale Reichweite ist ein sehr individueller Aspekt. Handwerker, die nur im Umkreis von 30-40km agieren, werden mit der Batteriekapazität glücklich werden.

Fazit

Zum Preis eines Tesla Model Y darf man einiges erwarten. Leider erfüllt Mercedes mit diesem Auto nicht die Ansprüche, die man hat, wenn man den Preis sieht. Der Ladeport ist absolut fehlplaziert. Das Navi ist dumm und hilft nicht beim bewältigen der aktuellen Herausforderungen der Elektromobilität. Das Mäusekino zwischen Tacho und dem Energieanzeiger könnte aus den 90er Jahren stammen. Diese Rekuperations- und Leistungsstufen hat sich vermutlich jemand implementiert, der das Dieselgefühl in die Elektroautowelt übernehmen wollte. Ein Autohersteller mit mehr als 100 Jahren Tradition sollte ein Fahrzeug auf den Markt bringen, welches glänzt und Maßstäbe setzt.
200km echte Reichweite (viel Autobahn) sind für unsere Zwecke zu wenig. Das ist keine Kritik sondern eine Feststellung. Wir brauchen für unsere Zwecke mind. 300km Reichweite. Diese erreicht der eVito laut Mercedes. So wir Zeit finden werden wir versuchen im Windschatten einer Pferdekutsche diesen Wert zu erreichen. Wenn man Menschen von Elektromobilität überzeugen will, dann darf man die Menschen nicht mit Fabelwerten veräppeln sondern sollte ihnen die Unterstützung geben, die sie brauchen um mit den Herausforderungen klar zu kommen.

Vielleicht bin nach >3 Jahren und 190000km Erfahrung mit einen Elektroauto eines führenden Elektroautoherstellers verwöhnt und verlange zu viel. Jemand der von einem Diesel umsteigt wird bestimmt anders urteilen.

Zusammengefasst:
Mercedes bemühte sich, die an sie gestellten Anforderungen zu unserer Zufriedenheit zu erfüllen.

Weitere Erfahrungen folgen…